Der Darm, ein ganz besonderes Organ
Seit einigen Jahren ist der Darm sehr stark in den Fokus der medizinischen Forschung gerückt. So wird der Darm nicht mehr länger als reines Verdauungsorgan betrachtet, sondern wird als zentrales Organ der Gesunderhaltung des Körpers angesehen.
Als Verdauungsorgan, welches Nährstoffe aufspaltet und aufnimmt, Wasser, Elektrolyte resorbiert und einige Vitamine bildet, ist uns der Darm schon lange bekannt.
Der Darm stellt auf einer Länge von 6-8m und einer Gesamtfläche von ca. 400m² die größte Grenzfläche unseres Körpers zur Außenwelt dar.
Um unseren Körper über diese große Kontaktfläche zur Außenwelt vor schädlichen Eindringlingen zu schützen, ist diese in drei bzw. vier eng zusammenarbeitende Schutzschichten aufgebaut, Bakterienschicht, Schleimschicht, Schleimhaut und Immunsystem.
Bei den menschlichen Darmbakterien kennt man bisher mehr als 1000 verschiedene Arten, hiervon trägt jeder Mensch mindestens 160 in sich.
Interessanter Weise unterscheiden sich die Menschen sehr stark hinsichtlich ihrer Zusammensetzung der Darmbakterien. Wichtig zu sein scheint aber, dass wir möglichst viel unterschiedliche Arten in uns tragen.
Heute weiss man, dass eine reduzierte Vielfalt von Darmkeimen mit der Entstehung ganz bestimmter Krankheiten in Verbindung steht.
Die Vielfalt der der Darmbakterien in unserem Körper beginnt sich bereits während der Geburt zu entwickeln. Dabei nimmt die Art und Weise der Geburt, vaginal oder Kaiserschnitt, Einfluss auf die im späteren Leben vorhandene Arten und Artenvielfalt an Darmbakterien.
Nach der Geburt nimmt die Vielfalt weiter zu und ist so ab dem 4. Lebensjahr für das weitere Leben eines Menschen ziemlich konstant.
Einen Einfluss nimmt in dieser Zeit auch noch die Nahrung in den ersten Lebensmonaten. Wird ein Kind gestillt, weist es in den späteren Jahren gegenüber mit industriell gefertigtem Trockenmilchpulver ernährten Kinder eine andere Zusammensetzung der Artenvielfalt der Darmbakterien auf.
Die Aufgaben der Darmbakterien sind vielseitig. Sie unterstützen die Aufspaltung sonst unverdaulicher Ballaststoffe, nimmt Einfluss auf den Energiestoffwechsel, stellt Vitamine zur Verfügung, wehrt schädliche und krankmachende Keime ab und fördert die Ausbildung des Immunsystems.
Der Darm ist nämlich auch das größte Immunorgan des Menschen. 80% der aktiven Immunzellen sind im Darm angesiedelt. Aufgrund der großen Oberfläche stellt der Darm die immunologisch wichtigste Kontaktfläche zur Außenwelt dar.
chutzebenen, Bakterien, Schleim, Schleimhaut, Immunsystem, der Weg für Fehlfunktion bzw. Krankheit geebnet wird.
Beispiele einiger Krankheiten, die mit einer gestörten Zusammensetzung der Darmbakterien in Verbindung stehen, sind:
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Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, M. Crohn, Colitis ulcerosa
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Fettleibigkeit (Adipositas)
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Metabolisches Syndrom
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Diabetes mellitus
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Reizdarm
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Chronische Herzinsuffizienz
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Depressionen
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Multiple Sklerose
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Rheumatoide Arthritis
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Kolorektales Karzinom, Krebs des Dick- und Enddarmes
In diesem Zusammenhang gewinnt die althergebrachte Redewendung
„Du bist was Du isst“ eine sehr große Bedeutung.
Oder anders ausgedrückt ist die gesunde Vielfalt unserer Darmbakterienarten ein Spiegelbild dessen, was wir uns an Nahrung zuführen.
Über die Nahrung kann die Zusammensetzung der Darmbakterien im Menschen innerhalb von 24 bis 48h effektiv und reproduzierbar beeinflusst werden. Untermauert wird dies durch verschiedene Studien, die einen Einfluss der Ernährung auf die bakterielle Zusammensetzung der Darmflora zeigen. Während Ballaststoffe, Probiotika und Präbiotika eine hohe Vielfalt der intestinalen Flora begünstigen, werden die Einnahme von Antibiotika sowie eine übertriebene Hygiene mit einer geringeren Vielfalt in Verbindung gebracht.
Ballaststoffe, Stärke können im Dünndarm nicht gespalten werden und gelangen so in den Dickdarm und werden dort von den Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut. Diese kurzkettigen Fettsäuren stellen wichtige Energiebausteine für die Darmschleimhaut, den Stoffwechsel in der Leber und Botenstoffe in der Darm-Hirn-Achse dar.
Eiweiß nimmt in unterschiedlichem Maße Einfluss auf die Darmbakterien, je nachdem welcher Herkunft diese sind.
So kommt es bei fleischlastiger Ernährung zu einem Anstieg anderer Darmbakterien, als bei einer mit Molkenprotein reichen Diät.
Hierbei scheinen Molkeproteine den Fleischproteinen hinsichtlich einer gesunden Zusammensetzung der Darmbakterien im Vorteil zu sein.
Fett kann bei übermäßigem Verzehr nicht mehr wie üblich nahezu vollständig im Dünndarm resorbiert werden, sonder gelangt in den Dickdarm und nimmt dort ungünstigen Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmbakterien.
Hier könnte die ungünstige Vermehrung einer Bakterienart zur vermehrten Energieaufnahme aus dem Darm mit folgender Gewichtszunahme und den daraus möglichen Erkrankungen führen.
Sekundäre Pflanzenstoffe in Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Nüssen werden gesundheitsfördernde Eigenschaften wie Entzündungshemmung, Abwehr von schädlichen Stoffwechselprodukten, Abwehr von schädlichen Keimen, zugeschrieben. Bei der Nahrungsaufnahme gelangen diese in den Dickdarm und werden dort von den Darmbakterien verstoffwechselt und können hier positiven Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmbakterien nehmen.
Das hier Gesagte ist also so etwas wie alter Wein, aber in neuen Schläuchen, nur dass die Wissenschaft immer mehr beweisen kann.
Ein Beispiel über die möglichen Auswirkungen ungünstiger Ernährungsbedingungen soll das anschließende Schaubild darstellen.
Film zum Thema: https://www.hr-fernsehen.de/sendungen-a-z/alles-wissen/sendungen/video-60544.html
Literaturquellen: 1) Internist 2017 ▪ 58:429-234
2) Internist 2017 ▪ 58:435-440
3)Internist 2017 ▪ 58:441-448
4) Fachinformation nutrimmun ▪ INTEGRATIVE MEDIZIN – DIE RELEVANZ DER INTESTINALEN MIKROBIOTA IN PRAEVENTION UND THERAPIE
5) Falk 2016 ▪ Die Mikrobiota und Darmerkrankungen
6) Ardeypharm MedLetter 08_2015 ▪ Die Darmbarriere